Online-Publikation:
Dezember 2008 im Internet-Journal <<kultur-punkt>>
Ereignis-, Ausstellungs-, AV- und Buchbesprechung
<< Georges Braque : Einzige lieferbare Monografie zu Leben und
Werk des großen französischen Formers des Kubismus im 20.
Jahrhundert auf dem deutschsprachigen Buchmarkt und im
österreichischen Ausstellungsgeschehen >>
Hrsg. Ingried Brugger, Heike Eipeldauer, Caroline Messensee, Text
von Neil Cox, Heike Eipeldauer, Edith Futscher, Christopher Green,
Lisa Kreil, Caroline Messensee, Nicolas Surlapierre, Juliane Vogel
Ausstellung: Bank Austria Kunstforum Wien 14.11.2008–1.3.2009;
www.bankaustria-kunstforum.at;
240 S., 179 Abb., davon 145 farbig, 25,30 x 30,80 cm, geb. mit
Schutzumschlag, ISBN 978-3-7757-2202-5, € 39,80; CHF 69,00
Hatje Cantz Verlag, Ostfildern, 2008;
www.hatjecantz.de;
Zum Katalog
Das Werk von Georges Braque (1882–1963), dem bedeutenden Wegbereiter
der Moderne, ist viel komplexer und aufregender, als dies die
bisherige kunstwissenschaftliche Literatur oft vermuten ließ: Die
starke Betonung der Verbindung des Künstlers mit Picasso und die
Gleichsetzung seines Werkes mit dem Kubismus haben seine Bedeutung
nur unzureichend beschrieben, auch wenn seinen bahnbrechenden
kubistischen Arbeiten eine außerordentliche Stellung eingeräumt
werden muss.
Der retrospektiv angelegte Band bietet eine profunde Neubewertung
des gesamten Œuvres von Georges Braque. Mit über 80 Gemälden und
zentralen druckgrafischen Arbeiten wird die Einzigartigkeit seines
malerischen Abenteuers umfassend veranschaulicht: Braque im Umkreis
der Fauves, Braque – der Methodische, Braque als Erfinder des Papier
collé , Braques Anleihen bei der Dekorationsmalerei, in der er
ausgebildet wurde, Braque als Meister des modernen Stilllebens und
nicht zuletzt Braque – der »lyrische Konstrukteur«.
Zur Ausstellung
Im Winter 2008 präsentiert das Bank Austria Kunstforum eine groß
angelegte Retrospektive zu Georges Braque, diesem bedeutenden
Wegbereiter der Avantgarde. Es wird dies nicht nur die erste
Retrospektive in Mitteleuropa nach nunmehr zwanzig Jahren sein,
sondern die erste Präsentation von Georges Braque in Österreich
überhaupt – 45 Jahre nach dessen Tod.
Das Bank Austria Kunstforum nimmt dies zum Anlass einer (Neu-)
Entdeckung des außergewöhnlichen Œuvres dieses – im Vergleich zu
seinem Weggefährten Pablo Picasso, dem »Torero der Kunstarena« –
ungleich stilleren, seine Peinture konsequent verfolgenden Malers.
Mit rund 80 Gemälden sowie den wichtigsten druckgrafischen Arbeiten
wird Braques Schlüsselrolle in der europäischen Moderne und die
Einzigartigkeit seines malerischen Abenteuers veranschaulicht
werden: Braque im Umkreis der Fauves, Braque der Methodische, Braque
der Erfinder des Papier collé, Braques Anleihen an der Dekorations-
malerei, in der er ausgebildet wurde, Braque der Meister des
„modernen“ Stilllebens und nicht zuletzt Braque der »lyrische
Konstrukteur«.
Ein Kernbereich der Ausstellung widmet sich –
wie könnte es auch anders sein – der bahnbrechenden Erfindung des
Kubismus. In einer einzigartigen künstlerischen Kollaboration hatten
Georges Braque und Pablo Picasso ab 1907 den Prozess der
Autonomwerdung der Malerei vorangetrieben und damit die wichtigste
künstlerische Revolution des 20. Jahrhunderts eingeläutet. Auch für
Braque selbst blieb der Kubismus die wegweisende Entdeckung, die es
ihm ermöglichte, nicht »eine anekdotische Tatsache wiederzugeben,
sondern eine malerische Tatsache (fait pictural) zu geben«, wie er
sagte.
Georges Braque gilt als der Meister des modernen Stilllebens. Warum
sich die kubistische Revolution überwiegend anhand der Darstellung
von Dingen vollzog und wie sich die Definition des Stilllebens und
sein Verhältnis zur Realität im Werk Braques transformierten und –
das werden zentrale Fragen der Ausstellung sein. Die retrospektiv
angelegte Schau wird sich dem Œuvre Braques in all seiner
Vielschichtigkeit widmen, so auch seinem Spätwerk, das in der
Rezeptionsgeschichte, in der Braque oftmals auf die Seilschaft mit
Picasso reduziert wurde, vergleichsweise stark in den Hintergrund
tritt. Dazu zählt Braques visionäre Bildserie der »Ateliers«, die
eine Conclusio seines Schaffens darstellt. Hier kommt der Maler
seinem zeitlebens anvisierten Ziel am nächsten, einen tastbaren
bildnerischen Raum zu erschaffen, eine Verdichtung von materiellem
Gegenstand und immateriellem Raum, in dem sich die vertrauten Dinge
verwandeln und durchdringen.
Fazit
Dank dem Veranstalter der Bank Austria Kunstforum ist "Georges
Braque " mit feinsinnig ausgestattetem Katalog (Hatje Cantz) und
herausragender Ausstellung ein Schauerlebnis besonderer Art zum Werk
des großen französischen Formers des Kubismus im 20. Jahrhundert auf
dem deutschsprachigen Markt ins Rampenlicht der Kunstereignisse
gerückt worden. Braque hat mit seiner Abstraktionskraft und
Bildkonzentration neben Picasso, den er aus unserer Sicht
paradigmatisch beeinflusste und so mit ihm zwischen 1907-1914 die
kubistische Basis geschaffen hat. Anders aber ähnlich als
Malewitsch, Kandinsky, Klee und Mondrian hat Braque die
kubistisch-transzendente Sichtweise in stiller Weise stetig seinem
wirklichkeitspräsenten Kubismus nachgespürt und diesen bis über die
Mitte des Jahrhunderts bestimmt. Ein tiefgründiger und zugleich
introvertiert-warmherziger Zeitgenosse mit atlantisch-bretonischer
Fern- und Feinsicht kommt uns in seinem malerischen Werk auf
Augenhöhe unmerklich entgegen, trifft auf unseren entbergenden Blick
- einfach und unwiederholbar bleibend gross. w.p.08-12 |